EDI-Integration im B2B E-Commerce: mehr Effizienz, weniger Kosten

Der elektronische Datenaustausch zwischen Unternehmen, kurz: EDI, wird im Zuge der Digitalisierung immer wichtiger. Besonders im B2B E-Commerce lassen sich mithilfe der Prozessautomatisierung Bestellabläufe optimieren und Kosten einsparen. So können Händler und Zulieferer beispielsweise Bestellungen und Rechnungen zeitsparend digital austauschen und ins eigene Warenwirtschaftssystem integrieren.

Für die meisten Großunternehmen ist der elektronische Datenaustausch mittlerweile Standard. Um mit den Big Playern handeln zu können, müssen auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) EDI in ihre Geschäftsprozess integrieren. EDI eröffnet ihnen nicht nur den Weg in den Handel mit Konzernen, sondern bringt darüber hinaus viele weitere Vorteile mit sich.

Was ist EDI?

EDI, kurz für Electronic Data Interchange, bezeichnet den zwischenbetrieblichen Austausch elektronischer Dokumente wie Bestellungen, Rechnungen, Produktinformationen und Kundendaten. Die Datenübertragung basiert auf strukturierten und standardisierten EDI-Formaten. Dies ermöglicht eine direkte Kommunikation von Anwendung zu Anwendung.

Manueller vs. elektronischer Datenaustausch

Angenommen, ein Baumarkt vertreibt über seinen Onlineshop u.a. Lampen. Nachdem eine bestimmte Deckenleuchte ausverkauft ist, bestellt ein Mitarbeiter diese beim Lampenhersteller nach. 

Was passiert nun beim Lampen-Unternehmen, wenn dieses den Auftrag manuell abwickelt?

Eine Mitarbeiterin des Lampen-Lieferanten erhält die Bestellung, gibt diese ins System ein und sendet sie per E-Mail ans Lager weiter. Hier wird die vorbereitet und verpackt. Sobald die Bestellung versandbereit ist, informiert der Lagerarbeiter seine Kollegin in der Bestellabwicklung. Diese gibt nun die Informationen für die Sendungsverfolgung, Rechnungsstellung, Rücksendungen und Lieferrückstände in verschiedene Systeme ein. Jetzt wird die Ware an den Baumarkt verschickt. Die Tracking-Informationen erhält er per E-Mail, die Rechnung kommt per Post.

So oder so ähnlich laufen Bestellprozesse in vielen B2B-Unternehmen ab. Ein langer Weg ‒ auf dem viele Fehler passieren können. Um diese zu vermeiden und zudem Zeit und Kosten zu sparen, setzen mittlerweile fast alle Großunternehmen auf EDI: den vollautomatischen, elektronischen Datenaustausch zwischen Betrieben.

EDI ersetzt Post, Fax, E-Mails sowie sämtliche manuelle Arbeitsschritte beim Bestellprozess. Diese Prozessautomatisierung trägt maßgeblich dazu bei, die Geschäftsabläufe von B2B-Unternehmen effizienter zu gestalten. 

Die elektronische Kommunikation ist um ein Vielfaches schneller als der herkömmliche zwischenbetreibliche Datenaustausch mittels Papierbelegen o.ä. Darüber hinaus lassen sich der Aufwand und die Fehleranfälligkeit manueller Bearbeitung vermeiden.

Wie läuft eine Onlineshop-Bestellung mit EDI ab?

Nehmen wir an, der Baumarkt und seine Zulieferer integrieren EDI in ihre Geschäftsprozesse. Der Baumarkt-Onlineshop ist nun über eine EDI-Schnittstelle mit dem internen ERP-System verbunden. Mithilfe von EDI werden die Preise und Bestände der verschiedenen Produkte im Shop in Echtzeit synchronisiert: Sobald ein Endkunde eine Lampe kauft, aktualisiert sich die Bestandsanzeige automatisch (“Noch 9 Stück auf Lager”).

Der Baumarkt hat zuvor eine kritische Menge definiert: Sobald weniger als 10 dieser Lampen im Lager sind, müssen sie nachbestellt werden. Das System sendet nun automatisch eine Bestellanforderung an den Lampenhersteller. Auf diese Weise ist der Nachschub jederzeit sichergestellt und es kommt nicht zu leeren Regalen bzw. Lieferengpässen im Onlineshop. 

Das System des Lampenherstellers erhält nun die automatisch generierte Bestellung des Baumarktes. Der Lagermitarbeiter verpackt und versendet den Auftrag. Sobald die Produkte auf dem Weg zum Baumarkt sind, übermittelt das Lieferantensystem Rechnungen, Tracking-Informationen sowie eine elektronische Versandanzeige, auch Advance Shipment Notice (ASN) genannt, per EDI an den Baumarkt.

Beim Eintreffen der Produkte im Baumarkt wird der SSCC (Serial Shipping Container Code) gescannt. Aufgrund der EDI-Versandanzeige oder ASN-Nachricht kann die erhaltene Menge automatisch zum Lagerbestand hinzugefügt werden. Diese werden nun automatisch im Onlineshop aktualisiert.

Dropshipping ‒ Think Big!

Ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie der elektronische Datenaustausch Lieferketten optimieren kann, ist das sogenannte Dropshipping (dt. Streckengeschäft). Dabei verkauft ein E-Commerce-Unternehmen oder ein Marktplatz wie Amazon oder Otto die Waren eines Herstellers über seinen Onlineshop, ohne physischen Kontakt mit den Produkten zu haben. 

Nehmen wir an, ein Online-Einrichtungshaus vertreibt über seinen Shop die Deckenleuchten unseres Lampenherstellers. Bestellt ein Kunde eine dieser Leuchten, wird der Auftrag per EDI sofort an das Warenwirtschaftssystem des Lampenherstellers übermittelt. Dieser versendet die Ware im Namen des Einrichtungshauses und informiert den Besteller per E-Mail. Anschließend wird die Rechnung mittels EDI automatisch an den Shopbetreiber übermittelt.

EDI bietet Onlinehändler:innen also nicht nur die Möglichkeit, die Supply Chain zu optimieren, sondern auch neue Geschäftsmodelle wie Dropshipping zu realisieren. Unternehmen können wachsen und das Produktsortiment ohne zusätzliche Lagerkapazitäten vergrößern ‒ EDI macht’s möglich.

Wie funktioniert die EDI-Integration?

Schauen wir nun, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine EDI-Anbindung erfolgreich einzurichten.

EDI-Standard festlegen

Daten werden in jedem Unternehmen anders verarbeitet. Damit Firmen unterschiedlichster Größe, Branchen und Länder Daten auf elektronischem Wege austauschen können, müssen sie sich zunächst auf ein Datenaustauschformat einigen. Dieses definiert einen gemeinsamen Standard im Hinblick auf die Form, Art und Position der zu übertragenden Daten. 

Bekannte Beispiele hierfür, die wir alle aus dem Alltag kennen, sind z.B. ELSTER für die elektronische Steuererklärung und SWIFT für den Datenaustausch zwischen Banken.

In der Wirtschaft ist EDIFACT der umfassendste und weltweit gebräuchlichste EDI-Standard. Er wird von der Wirtschaftskommission für Europa (UN/ECE) der Vereinten Nationen verantwortet. Innerhalb EDIFACT gibt es branchenspezifische Unterkategorien wie z. B. EDIFICE für die High-Tech-Industrie und EANCOM für die Konsumgüterindustrie.

Darüber hinaus gibt es viele weitere EDI-Standards, z.B. 

  • VDA für die deutsche Automobilindustrie
  • GAEB für das Bauwesen
  • Fortras für Speditionen
  • GTDI
  • ebXML
  • openTRANS

EDI-Datenaustausch organisieren

Wenn zwei Unternehmen einen gemeinsamen EDI-Standard festgelegt haben,müssen sie nun den Datentransfer organisieren. In der Regel findet der elektronische Datenaustausch über eine verschlüsselte Verbindung wie X.400, AS2 oder SFTP statt.

Für alle Kommunikationswege gilt: Je größer der Automatisierungsgrad, desto effizienter der Datenaustausch. Je weniger menschliche Eingriffe beim Eingeben, Verarbeiten und Versenden von Informationen erforderlich sind, desto schneller und fehlerärmer erfolgt die Verarbeitung der EDI-Nachrichten.

Stammdatenqualität in der Warenwirtschaft optimieren

Die Stammdatenpflege gehört zu den wichtigsten Faktoren, um Daten reibungslos von einem System ins andere zu übertragen. Ein einfaches Beispiel: Bestellt der oben genannte Baumarkt eine Deckenleuchte via EDI-Übertragung nach, so kann diese nur dann automatisiert in das Warenwirtschaftssystem übernommen werden, wenn sie dort auch als Artikel angelegt ist.

Welchen Automatisierungsgrad eine EDI-Anbindung erreichen kann, hängt im Wesentlichen also von den im ERP-System hinterlegten Stammdaten ab. Eine unzureichende Datenpflege hat fast immer manuelle Nacharbeiten zur Folge, was einer vollautomatisierten Lösung zuwiderläuft.

Insbesondere Händler:innen mit großen Produktsortimenten und Artikeln unterschiedlicher Zulieferer empfehlen wir die Verwendung eines Produktdatenmanagement-Systems (PIM). Alles zu den Vorteilen eines PIM für Shopbetreiber:innen beschreiben wir in diesem Blog-Beitrag.

Anwendungsbereiche von EDI im E-Commerce

Wir haben bereits einige Fallbeispiele besprochen, bei denen der Einsatz von EDI zu einer erheblichen Optimierung der E-Commerce Supply Chain beiträgt:

  • Austausch von Bestellinformationen zwischen Handel und Herstellern
  • Übermittlung elektronischer Rechnungen
  • Synchronisierung von Webshop und ERP-System
  • Automatische Nachbestellung von Waren
  • Abwicklung von Zahlungsaufträgen

Bei der Auswahl einer EDI-Lösung sollten Unternehmen außerdem darauf achten, dass sich die Software problemlos mit weiteren Systemen kombinieren lässt. Hierzu zählen typischerweise:

  • Software für Lagerwirtschaft – für die Digitalisierung von Lagerhaltung, Kommissionierung und Versand
  • Warehousing – um Ware bei Logistikdienstleistern zu lagern und von dort auszuliefern
  • Mobile Lösungen auf Smartphones und Tablets – um die Vorzüge von Remote Work zu nutzen

10 Gründe für EDI

Es sprechen also viele Argumente für die EDI-Integration im E-Commerce. Zehn Gründe, warum B2B-Unternehmen den elektronischen Datenaustausch nutzen sollten, fassen wir hier noch einmal zusammen:

1. Effiziente Prozesse

Mittels EDI werden Informationen in Echtzeit übermittelt. Bestellungen lassen sich auf diese Weise viel schneller und zuverlässiger abwickeln als bei manueller Bearbeitung.

2. Einsparung von Kosten

Schnellere, effizientere Prozesse führen zu einer erheblichen Reduktion der Kosten. Automatisierte Nachbestellungen senken die Lagerkosten. Zudem fallen durch den elektronischen Datenaustausch die Ausgaben für Papier, Druck und Postversand weg.

3. Reduktion der Fehler

Fehler sind menschlich. Im Durchschnitt sind 2 ‒ 5 Prozent aller Einkaufsbestellungen fehlerhaft, beispielsweise durch falsche Mengenangaben. Je weniger Daten manuell eingegeben werden müssen, desto geringer die Fehlerquote.

4. Mehr Transparenz

Der Status jedes einzelnen EDI-Vorganges ist jederzeit einsehbar. Alle Transaktionen können genau nachvollzogen und überwacht werden. Davon profitieren auch andere Unternehmensbereiche wie der Kundenservice und das Marketing.

5. Mehr Planungssicherheit

EDI ermöglicht eine bessere Produktionsplanung, die Optimierung von Lagerbeständen sowie mehr Investitionssicherheit durch die Verwendung standardisierter Technologien.

6. Erschließung neuer Geschäftsfelder

KMU benötigen in den meisten Fällen eine EDI-Anbindung, um Geschäftsbeziehungen mit Großunternehmen aufzubauen. Darüber hinaus lassen sich mit EDI auch neue Geschäftsmodelle wie Dropshipping realisieren.

7. Besserer Kundenservice

EDI führt zu schnelleren Reaktionszeiten. Je weniger Zeit die Mitarbeitenden für die manuelle Auftragsabwicklung aufwenden, desto mehr Kapazitäten haben sie für den individuellen Kundenservice.

8. Optimierte Supply Chain

Dank automatisierter Nachbestellungen laufen die Regale in der Regel nicht mehr leer. Das verringert die Opportunitätskosten (entgangene Gewinne, wenn ein Artikel ausverkauft ist und nicht verkauft werden kann). Gleichzeitig reduzieren sich die Lagerkosten, da Waren nicht mehr auf Vorrat gelagert werden müssen, sondern je nach Bedarf nachbestellt werden.

9. Verbesserte Zusammenarbeit aller Geschäftspartner

Dank der Automatisierung werden Prozesse effizienter, transparenter und weniger fehleranfällig. Das verbessert die Zufriedenheit aller Beteiligten, was sich positiv auf die Zusammenarbeit der Geschäftspartner auswirkt.

10. Gutes ROI

Klar, die Integration von EDI kostet Geld. Die Investition amortisiert sich jedoch sehr schnell, da durch die Prozessautomatisierung an vielen anderen Stellen Kosten eingespart werden.

Fazit

EDI hat sich als ein wichtiger Faktor für erfolgreiche B2B-Geschäftsprozesse etabliert. Für Geschäftspartner (Lieferanten und Käufer) bedeutet EDI einen Verbesserungen in den Bereichen

  • Informationsfluss
  • Bestandsverwaltung
  • Buchhaltung
  • Lieferkettenverwaltung
  • Auftragsabwicklung

Die automatische und digitale Verarbeitung von Daten erhöht die Geschwindigkeit, Genauigkeit sowie die Effizienz von Unternehmensabläufen. Besonders im E-Commerce trägt der elektronische Datenaustausch zu spürbaren Kosteneinsparungen bei und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten. Damit wird die EDI-Integration zum essentiellen Bestandteil eines stabilen, zukunftsfähigen B2B-E-Commerce-Unternehmens.