So gelingt die Datenmigration für Onlineshops

B2B E-Commerce CRM ERP Interview

Beim Wechsel auf ein neues Shopsystem oder bei der Anbindung von CRM- oder ERP-Systemen wird ein Thema von Projektverantwortlichen häufig unterschätzt: die Datenmigration. Je nachdem, welche Daten vom einen System ins andere übertragen werden sollen, kann dieser Prozess sehr aufwendig, zeit- und kostenintensiv werden.

Christoph Bock, Leiter Projektmanagement bei der digital.manufaktur, geht im Interview auf die typischen Probleme bei der Datenmigration bei Onlineshops ein und zeigt effiziente Lösungen auf.

Was macht die Migration von Daten in ein neues System so komplex?

Christoph: Auf den ersten Blick sieht der Prozess eigentlich recht simpel aus: Daten müssen aus dem einen System ins andere übertragen werden, andere Daten den gleichen Weg zurück. Da aber beide Systeme die gleichen Daten auf eine jeweils andere Art und Weise behandeln, kann dieser Prozess schwierig werden. Ein klassisches Beispiel aus der Praxis: Ein Shopsystem speichert Straße und Hausnummer in einem gemeinsamen Feld; das CRM, in das die Daten hineinfließen sollen, möchte die Informationen aber gern in getrennten Datenbankfeldern speichern. Von solchen Fällen gibt es eine ganze Menge. Bei Artikeldaten spielt die Variantenstruktur eine entscheidende Rolle. Die Komplexität der Datenmigration entsteht also dadurch, dass es schnell vom großen Projekt ins kleinste Detail geht.

Du sprachst schon CRM- und Shopsysteme an. Welche Projektarten kommen denn in der Praxis am häufigsten vor?

Christoph: Im Wesentlichen gibt es zwei Projektarten: Migrationen von Shopsystem zu Shopsystem und Anbindungen von CRM- oder ERP-Systemen. Dabei ist es schon spannend, wie viele verschiedene Systeme es dann tatsächlich im Markt gibt, gerade im Bereich der Warenwirtschaften. Da haben wir von “Großlösungen” wie SAP oder Microsoft Navision bis hin zu komplett spezialisierten Nischenlösungen für einzelne Branchen gefühlt schon alles gesehen. 

Migrationen von Shopsystem zu Shopsystem haben den Vorteil, dass die Denkrichtung der Datenhaltung gleich ist. Der Verkaufsgedanke steht da im Vordergrund. Klassische Warenwirtschaften und ERP-Systeme haben oft einen breiteren Ansatz, weil dort Aspekte der Lagerhaltung, Produktion, Einkauf eine größere Rolle spielen.

Welche typischen Schwierigkeiten können bei der Datenmigration auftreten?

Christoph: Es gibt ja zwei grundsätzliche Unterscheidungen von Daten, die transferiert werden müssen: Stammdaten wie Artikel- und Kundendaten und Bewegungsdaten wie Bestellungen, Lagerbestände und Preise. Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn Daten nicht kongruent sind. Wenn sie also in beiden Systemen auf unterschiedliche Art vorgehalten werden sollen. Da klappt dann ein relativ einfaches Mapping “von links nach rechts” nicht, wie es etwa bei Adressdatensätzen oft der Fall ist. Vorname, Nachname, Geburtstag – das ist alles relativ einfach zu handhaben.

Komplexer wird es bei den Bewegungsdaten. Hier muss im Vorfeld genau auf die tatsächliche Anforderung geschaut werden: Sollen im Kundenaccount etwa alte Bestellungen aus dem abgelösten Shopsystem nur angezeigt werden, detailliert aufrufbar sein, oder soll es gar eine Wiederkaufsfunktion geben? Anhand solcher Fragen ergeben sich dann auch komplexe Abhängigkeiten und Aufwandshöhen. 

Unbedingt vermeiden muss man natürlich, dass auftretende Probleme bei der Datenmigration sich auf die eigene Unternehmensleistung durchschlagen und völlig aus dem Ruder laufen. 

Kannst du da konkrete Beispiele aus der Praxis nennen? 

Christoph: Ja, es gibt ein paar sehr bekannte, krasse Beispiele für missglückte ERP-Einführungen, etwa windeln.de vor ein paar Jahren oder aktueller auch Metall Zug aus der Schweiz. Dort haben Systemwechsel zu Bestellverzögerungen, verägerten Kunden, hohen Mehrkosten und schließlich zu starken Einbrüchen in der Unternehmensbilanz geführt. Aber das sind natürlich wirklich Extrembeispiele. 

Wie können Unternehmen diese unerwünschten Konsequenzen bei der Einführung eines neuen Systems vermeiden? 

Christoph: Ich denke, es ist sehr wichtig, allen Beteiligten den Nutzen eines neuen Systems klarzumachen. Solche zentralen Änderungen überlegt sich ja kein Unternehmen aus Spaß, sondern um Probleme zu lösen, um besser zu werden. Weiterhin halte ich es für sehr sinnvoll, ganz klare Zuständigkeiten festzulegen. Für welche Bereiche ist etwa das Systemhaus zuständig, für welche die E-Commerce-Agentur? Wer hat intern die Zügel in der Hand und die Anforderungen der eigenen User im Auge?

Mit welchen konkreten Maßnahmen im Hinblick auf die Datenmigration kann der Systemwechsel erfolgreich gelingen?

Christoph: In Bezug auf die klaren Zuständigkeiten kann es helfen, eine Person als “Data Operations Manager” einzusetzen. Die kann inhouse angesiedelt sein, oder auch auf Seite der Agentur. Es hilft aber ungemein, eine Person zu haben, die nur für die Datenhaltung und deren Ströme, für das ganze Datenmodell verantwortlich ist. 

Das Datenmodell sollte sehr zentral im Projekt angesiedelt werden, es hilft dabei tatsächlich auch, das ganz banal auf Papier aufzumalen und digitale Flowcharts zu erstellen. Wenn es etwa um Artikeldaten geht, nimmt man sich eine Produktdetailseite aus dem Onlineshop und schreibt an an jede dort dargestellte Information, aus welchem Datenfeld diese stammt. So kann man sehr transparent und sachbezogen arbeiten.

Zudem ist eine Migration auch eine perfekte Gelegenheit, die eigenen Daten zu bereinigen, um keine veralteten Daten ins neue System mitzunehmen. Bei dmf benutzen wir z.B. bei Systemmigrationen gerne ein PIM, um Produktinformationen zu optimieren, zu zentralisieren und sauber zu übertragen. Eine hohe Datenqualität ist nämlich nicht nur wichtig für die reibungslose Datenmigration bei Systemanbindungen oder -wechseln – sie wirkt sich auch positiv auf die täglichen Workflows und die Kundenzufriedenheit aus.