“Yedi” denkt den Datenaustausch neu: Interview mit Gründer Philipp Niehues

Schnittstellen Datenaustausch Digitalisierung

Ein Onlineshop soll mit einem schicken Design überzeugen und die Kundschaft smart durch den Kaufprozess führen. Soweit, so bekannt. Was viele Unternehmen zu Beginn eines E-Commerce-Projektes jedoch unterschätzen: Die eigentliche Herausforderung läuft im Hintergrund ab – im Bereich der Schnittstellen.

Hier fließen Produktdaten in den unterschiedlichsten Formaten zusammen, müssen transformiert, strukturiert und von einem System ins andere übertragen werden. Je mehr Systeme und Formate daran beteiligt sind, desto komplexer, zeit- und kostenintensiver wird dieser Prozess. In unserem Blog haben wir schon einmal über unsere Erfahrungen bei der Datenmigration für Onlineshops berichtet.

Nun gibt es eine neue, vielversprechende Lösung, um Datenmigrations-Prozesse zu vereinfachen: die cloudbasierte Datenplattform “yedi”. Sie ermöglicht einen einfachen, schnellen und sicheren Datenaustausch zwischen verschiedenen IT-Systemen sowie die Automatisierung und Digitalisierung von datengestützten Geschäftsprozessen.

Wir haben mit Philipp Niehues, dem Gründer von yedi, gesprochen. Im Interview erzählt er, wie yedi genau die Probleme löst, die ihm selbst in zahlreichen E-Commerce-Projekten immer wieder begegnet sind. 

Philipp, vor der Gründung von yedi warst du CEO einer E-Commerce-Agentur. Die Idee für yedi hat sich aus dem Arbeitsalltag heraus entwickelt. Wie genau kam es dazu?

Philipp: Mit meiner E-Commerce-Agentur Shopjektiv haben wir über zehn Jahre lang Shopware-Projekte realisiert. Unser Fokus lag dabei aber immer schon weniger auf dem Design von Onlineshops, sondern vielmehr auf technisch komplexen Fragestellungen. Uns beschäftigten Themen wie Datenaustauschprozesse, Schnittstellen, Automatisierung usw. Dabei haben wir schnell gemerkt, dass sich bestimmte Prozesse und Schnittstellen in den meisten Projekten immer wiederholen. Um unseren Arbeitsalltag zu erleichtern und die Projekte effizienter umzusetzen, haben wir intern ein Tool entwickelt, das wiederkehrende Elemente kapselt. Wir konnten diese Bausteine dann für jedes Projekt wiederverwenden.

Wie kam es dann zur Gründung von yedi?

Philipp: Wir konnten im Shopware-Umfeld nicht mehr in dem Maße wachsen, wie wir uns das gewünscht hätten. Deshalb haben wir uns vor gut zwei Jahren mit dem Team zusammengesetzt und uns gemeinsam für einen radikalen Schritt entschieden: uns als Shopware-Partner zurückzuziehen, um unseren Fokus komplett auf das Thema zu verschieben, das wir richtig gut können ‒ Datenschnittstellen. 

Das bedeutete für uns, all unseren Shopware-Kunden zu kündigen und alles auf eine Karte zu setzen. Wir besorgten Kapital und fingen an, unser Datenschnittstellen-Tool weiterzuentwickeln. Unser Ziel war es, eine praxistaugliche Software zu entwickeln, die die Dinge löst, die uns selbst als E-Commerce-Agentur immer Probleme bereitet haben. Anfang 2022 ‒ also nach rund eineinhalb Jahren Entwicklungsarbeit ‒ haben wir yedi auf den Markt gebracht.

Was macht yedi so besonders und welche Vorteile bringt es gegenüber früheren Lösungen für den Datenaustausch?

Philipp: Yedi ist eine Datenplattform, die alles mit allem verbinden kann ‒ ganz egal ob Shop zu Shop, Shop zu PIM, PIM zu ERP, ERP zu CRM, CRM zu Shop usw. Dank nativer und generischer Konnektoren kann praktisch jedes IT-System mit yedi integriert werden. Die einzige Voraussetzung ist, dass wir die Daten irgendwie erreichen müssen. 

Schnittstellen sind ein unsexy Thema, mit dem sich die meisten Unternehmen nicht beschäftigen wollen. Vielen Endkunden ist gar nicht bewusst, dass bei Digitalprojekten sehr viel Entwicklungsarbeit in stabile Datenmigrations-Prozesse fließt. Yedi ist ein Werkzeug für Agenturen, IT-Systemhäuser usw., um schneller und einfacher zu leistungsfähigen Schnittstellen und anderen datengestützten Prozessen zu kommen und diese dann für die eigenen Kunden bereitzustellen.

Welche typischen Probleme, die in vielen E-Commerce-Projekten auftauchen, löst yedi konkret?

Philipp: Ein klassischer Anwendungsfall aus dem E-Commerce-Bereich ist folgender: Ein Onlinehändler wechselt mit seinem Onlineshop das Shopsystem, z.B. von Shopware 5 auf Shopware 6. Nun müssen Daten migriert werden: Artikeldaten müssen aus dem Warenwirtschaftssystem ins Shopsystem, vom alten Shopsystem müssen Bestellungen ins neue übertragen werden usw. Unternehmen kommen also immer dann auf uns zu, wenn sich in der IT-Landschaft ein System ändert, alte Schnittstellen nicht mehr funktionieren und Daten transformiert und übertragen werden müssen.

Yedi ist also keine klassische Schnittstelle, sondern transformiert auch die Daten. Wie können wir uns das genau vorstellen?

Philipp: Ein klassischer ETL-Anwendungsfall aus dem Handel ist folgender: Angenommen, ich bin Onlinehändler und verkaufe Waren von verschiedenen Herstellern. Diese Hersteller liefern mir Daten in unterschiedlichen Formaten. So liefert mir Bosch z.B. Daten zu 3 Millionen Produkten, von denen ich aber nur 100.000 im Sortiment habe. Zusätzlich liefern mir externe Datenbanken wie Icecat zusätzliche Informationen und technische Spezifikationen zu diesen Produkten. Wie bringe ich nun all diese Daten zusammen? Hier kommt yedi ins Spiel. Die Software importiert alle Lieferanten-Daten in den unterschiedlichen Formaten und bringt sie auf einen einheitlichen Datenstatus. Zusätzlich reichert sie die Produktdaten mit zusätzlichen Informationen aus externen Datenquellen wie Icecat an. Am Ende exportiert yedi die Daten im gewünschten Format dorthin, wo sie hin sollen.

Kannst du diesen Prozess nochmal anhand eines konkreten Beispiels aus der Praxis beschreiben?

Philipp: Ein typisches Praxisbeispiel aus dem E-Commerce-Kontext ist unser Kunde Hellhake, ein Onlineshop für Werkzeuge und Maschinen. Das Unternehmen hat verschiedene Systeme im Einsatz: SAP Business One, Pimcore und Shopware 6. Zusätzlich bekommt der Onlineshop Daten im komplexen BMEcat-Format von Nordwest ‒ einem großen Dropshipper im technischen Handel. Die Komplexität derartiger Projekte liegt in der Vielzahl an Regeln für die diversen Workflows. Ein paar Beispiele: Die Daten kommen vom Dropshipper und werden im SAP angelegt. Dort bekommen sie eine Artikelnummer und über einen separaten Workflow werden die Preise kalkuliert. Dann werden die Daten von SAP in Pimcore übertragen, mit zusätzlichen Informationen angereichert, kommen dann wieder zurück ins SAP und von dort ins Shopsystem. Die Daten werden also nicht nur über eine Schnittstelle von A nach B überschrieben, sondern auch in irgendeiner Form transformiert.

Gibt es weitere Anwendungsfälle für yedi im E-Commerce?

Philipp: Auch im Bereich B2B Commerce lässt sich yedi hervorragend einsetzen. Ein Beispiel: Ein Großhändler will seinen B2B-Kunden individuelle Artikeldaten ausspielen, z.B. kundenspezifische Produktkataloge und Preise. In diesem Fall wird yedi nicht als Schnittstelle zwischen zwei Systemen genutzt, sondern als Datendrehscheibe. Die Daten kommen aus dem ERP-System rein und yedi verteilt diese dann kundenspezifisch.

Für welche Unternehmen eignet sich yedi besonders?

Philipp: Im Grunde richten wir uns an jedes Unternehmen, das in irgendeiner Form datenführende Systeme hat. Unsere Hauptzielgruppe sind aktuell Mittelständler im DACH-Raum mit 200 bis 2.000 Mitarbeitenden. Denn diese Unternehmen haben sehr individuelle Anforderungen und eine E-Commerce-Landschaft, in der mehrere leistungsfähige Systeme im Einsatz sind. Für diese Unternehmen ist yedi ideal, denn die Software ist einfach zugänglich, man braucht keine riesige IT-Abteilung, um sie zu implementieren, und sie ist kostentechnisch sinnvoll abzubilden.

Worauf liegt der Fokus in euren aktuellen Kundenprojekten?

Philipp: In den meisten unserer aktuellen Projekte kümmern wir uns um die Anbindung von ERP-Systemen. Denn diese ist viel komplexer und individueller als die Anbindung von Shopsystemen. Ein ERP-System ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Das heißt: SAP ist nicht gleich SAP. Denn jedes System hat eine andere Datenstruktur, andere Workflows usw. und ist in jedem Unternehmen anders.

Setzt ihr also weiterhin hauptsächlich E-Commerce-Projekte um? Oder lässt sich yedi auch in anderen Bereichen einsetzen?

Philipp: Der ursprüngliche E-Commerce-Fokus, von dem wir kommen, weicht inzwischen immer mehr auf. Einige Projekte gehen z.B. klar ins Industrie-4.0-Umfeld. Da geht es dann z.B. um Sensorik-Daten von CNC-Fräsen. Bei einer anderen aktuellen Anfrage geht es um die Abfrage von Raum-Sensorik-Daten: Wie warm ist das Büro, wie ausgelastet ist der einzelne Arbeitsplatz usw. Yedi ist also sehr universell aufgestellt und kann für sämtliche Projekte eingesetzt werden, in denen es in irgendeiner Form um den Austausch von Daten geht.

Welches sind die 3 großen Vorteile, die yedi Unternehmen bringt?

Philipp: Der erste große Vorteil ist der zeitliche Aspekt. Da die ausführende Agentur mit Standard-Bausteinen arbeiten kann, wird die Umsetzungszeit und damit auch die Time-to-market deutlich verkürzt. 

Der zweite große Vorteil ist das Thema Stabilität und Resilienz. Bei Schnittstellen ist es extrem wichtig, dass sie absolut zuverlässig funktionieren. Da in die Entwicklung von yedi über zehn Jahre Schnittstellen-Erfahrung aus der Praxis eingeflossen sind, bringt die Software viele kleine Tools mit, die die Schnittstellen-Stabilität optimieren. 

Der dritte Vorteil ist das Thema Zukunftssicherheit. Egal, welche Systeme ein Unternehmen in Zukunft noch integrieren möchte ‒ mit yedi hat es maximale Flexibilität, da sich die Frage der Kompatibilität mit der IT-Landschaft nicht mehr stellt. 

Kannst du den letzten Punkt − das Thema Zukunftssicherheit − einmal genauer erläutern?

Philipp: Normalerweise ist es so, dass es viele einzelne Eins-zu-eins-Schnittstellen in der IT-Landschaft eines Unternehmens gibt ‒ z.B. eine erste vom Shop- zum ERP-System, eine zweite vom CRM- zum ERP-System und eine dritte vom PIM- zum ERP-System. Das führt dazu, dass man Reibungsverluste zwischen den einzelnen Anbietern hat und einige Schnittstellen möglicherweise nicht miteinander kompatibel sind. Mit yedi hingegen lassen sich sämtliche Systeme über jede Art von Dateityp miteinander verbinden. Bei einem Systemwechsel kann man also bei der Auswahl der passenden Lösung den Fokus auf andere wichtige Kriterien legen als auf die Kompatibilität mit der Systemlandschaft.

Gibt es noch weitere Aspekte, die yedi von anderen Schnittstellen-Lösungen abhebt?

Philipp: Bei yedi legen wir großen Wert auf das Thema Transparenz. Von Hand entwickelte Schnittstellen sind sozusagen “Black Boxes”. Wenn etwas im Onlineshop nicht funktioniert ‒ ein typisches Beispiel wäre, dass ein falscher Lagerbestand angezeigt wird ‒ liegt das meistens an einer Schnittstelle. Die Agentur muss sich dann im Code auf die Fehlersuche begeben. In yedi hingegen wird der Workflow visualisiert und das System gibt direktes Feedback, wenn ein Problem bei der Datenübermittlung aufgetreten ist. Und auch wenn alles reibungslos läuft, wird der Kunde über die Reporting-Funktion darüber informiert. Das gibt den Kunden ein viel größeres Sicherheitsgefühl, als wenn die Datenübertragungs-Prozesse versteckt im Hintergrund ablaufen. Sie wissen, dass alles funktioniert und sie sich darauf verlassen können.

Yedi ist nun production-ready und bereits bei einigen Unternehmen im Einsatz. Ist die Software damit “fertig”?

Philipp: So richtig fertig ist so eine IT-Lösung eigentlich nie. Unser 15 Person starkes Entwicklerteam arbeitet selbstverständlich kontinuierlich daran, die Software immer weiter zu optimieren. Derzeit sind wir dabei, neue Features für die Visualisierung von Workflows zu integrieren. Und auch der Markt der Systemlösungen entwickelt sich natürlich immer weiter, sodass wir auch in yedi immer neue Konnektoren integrieren und neue Schnittstellen entwickeln müssen. 

Was sind eure nächsten strategischen Ziele?

Philipp: Wir sind momentan dabei, ein Partner-Netzwerk aufzubauen. Auf der einen Seite haben wir unsere Ökosystem-Partner. Das sind Lösungsanbieter wie Pimcore, Shopware, Reybex und Profihost. Auf der anderen Seite stehen unsere Agentur-Partner. Wir haben es geschafft, innerhalb von nur vier Monaten rund 40 Agenturen zu generieren, die yedi ihren eigenen Kunden als Lösung empfehlen − sogenannte Consulting-Partner. Nun sind wir dabei, diese sukzessive zu Implementierungs-Partnern auszubilden. Darauf liegt derzeit unser strategischer Fokus, um unser Produkt skalieren zu können. Aktuell laufen die ersten Kundenprojekte an, in denen unsere Partner yedi selbst implementieren.

Wie ist die Resonanz der Agenturen, die yedi bereits für Kundenprojekte einsetzen?

Philipp: Uns wird immer wieder bestätigt, dass yedi die typischen Agentur-Probleme zu Ende denkt und dafür Lösungen findet. Diese Praxisrelevanz zeichnet die Software besonders aus. Wir kennen die typischen Dienstleister-Probleme und haben yedi sehr nah an tatsächlichen Anwendungsfällen, die uns selbst im Agenturgeschäft immer wieder begegnet sind, entlang entwickelt.

Wie genau profitieren eure Agentur-Partner von yedi?

Philipp: Wir sind natürlich nicht die ersten oder einzigen, die Schnittstellen entwickeln können. Für Digitalagenturen gehört das bei den meisten Kundenprojekten dazu. Das Versprechen von yedi ist jedoch, zuverlässige, individuell anpassbare Schnittstellen innerhalb von kürzester Zeit zu entwickeln. Das bedeutet für die Agentur: Datenmigrations-Prozesse lassen sich auch von Mitarbeitenden mit wenig Schnittstellen-Know-how umsetzen. Und das in deutlich kürzerer Zeit als vorher.

Es gibt auch E-Commerce-Agenturen, die bisher wenig mit Schnittstellen gearbeitet haben, weil ihr Fokus beispielsweise eher auf dem Thema UI/UX Design liegt. Ist yedi auch für diese Agenturen interessant?

Philipp: Ja! Denn diese Agenturen können sich mit yedi für neue Projekte bewerben, die eher einen prozessualen Fokus haben. Das ist gerade im B2B-Umfeld sehr häufig der Fall. Meine Erfahrung aus der Praxis: Ein Unternehmen ist meistens durchaus bereit, das Shopsystem zu wechseln. Aber niemals das ERP-System. Das bedeutet: Wenn Agenturen das ERP-System nicht ordentlich anbinden können, ist das ein Totschlagargument für das Projekt.

Mit yedi können Agenturen alle Leistungen aus einer Hand anbieten – den Onlineshop selbst, aber auch die drumherum liegenden Datenprozesse. Das verschafft der Agentur eine höhere Relevanz beim Kunden und einen höheren Umsatz im Projekt. Zudem gibt es weniger Reibereien zwischen verschiedenen Anbietern, wenn alle Leistungen aus einer Hand kommen.

Wir von digital.manufaktur freuen uns, als Agentur-Partner von yedi in Zukunft viele spannende gemeinsame E-Commerce-Projekte durchzuführen. Derzeit arbeiten wir gemeinsam an einem umfangreichen Projekt für die Faserplast AG.